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Welches Objektiv ist das richtige für mich?

28. September 2013

Welches Objektiv soll ich mir kaufen?

Eine schwierige Frage, denn jeder Fotograf hat Vorlieben und vielleicht sogar einen speziellen Stil, den er bei der Bildgestaltung bevorzugt. So kann ich keinen wirklich guten Tipp zum Objektivkauf abgeben – aber vielleicht ein paar Fragen stellen, die Ihr dann für Euch selbst beantworten müsst.

 

Was will ich fotografieren?

Je nach Geldbeutel und technischen Anspruch (Schärfe, extreme Brennweiten) gibt es eine unüberschaubaure Vielzahl von Objektiven. So muß man natürlich erst einmal wissen, was man fotografieren möchte. Das erfordert ein gewisses Maß an Erfahrung, die man sich durchaus mit einem billigen Kit-Objektiv aneignen kann. Recht schnell wird man damit allerdings an Grenzen stoßen, denn der Bereich zwischen 18 und 55 mm ist bald ausgeschöpft und man möchte neue, andere Bildeindrücke einfangen. Zudem ist aufgrund des niedrigen Preise die Qualität (besonders die des Weitwinkels) bei Verzerrung und Schärfe nicht berauschend. Allerdings steht und fällt kein Foto damit, dass es ganz besonders scharf ist – von Ausnahmen (Makrofotografie) mal abgesehen. Wenn Ihr diesen Anspruch nicht habt, spart Euch das viel Geld. 😉
Auf jeden Fall ist ein Objektiv im Brennweitenbereich von 18-55 mm ein leichtes, universelles Standardobjektiv, das man aufgrund des Gewichtes immer dabei haben kann/sollte.

Grosser Brennweitenumfang bedeutet schlechtere Qualität!

Alle Brennweiten in einem Objektiv vereinigen zu wollen hat zwar den Vorteil, dass man das Objektiv nicht wechseln muss – und man so auch weniger Schmutz und Flecken auf seinen Fotos hat. Allerdings sind Weitwinkel- und Teleobjektive so unterschiedlich in der Konstruktion, dass man mehr offensichtliche Abbildungsfehler und weniger Schärfe in Kauf nehmen muss, je grösser die Spanne zwischen kürzester und längster Brennweite ist. Zudem ist die geringe Lichtstärke dieser „eierlegenden Wollmilchsäue“auf die Dauer lästig – vor allem im Telebereich (siehe auch unten).
Und: Wozu habt Ihr eigentlich eine teuere Kamera mit Wechselobjektiven gekauft?

 

Will ich vornehmlich Architektur fotografieren?

Sigma, 1:4-5,6, 10-20mm, 10mm (Verzeichnungen etwas übertrieben!)

Wenn Ihr vornehmlich bei Stadtrundgängen die Gebäude fotografieren wollt und dabei nicht nur die Details, sondern auch den Gesamteindruck einfangen wollt, kommt Ihr um ein Weitwinkelobjektiv nicht herum. Allerdings ist dieser Bereich mit den 18 mm Brennweite des Kit-Objektivs schon abgedeckt. Wenn Euch allerdings die „krummen“, gebogenen Linien an den Bildrändern dabei stören, solltet Ihr über eine „Festbrennweite“ nachdenken. Für spezielle Aufgaben in der Fotografie sind – wie überall – „Spezialisten“ einfach die erste Wahl. Ihr werdet belohnt mit deutlich geraderen Linien in der Abbildung und mehr Schärfe allgemein und im Besonderen an den Bildrändern.

Auch hier gibt es natürlich Zoom-Objektive (z.B. 10-20 mm), die aber wieder mehr Abbildungsfehler aufweisen als die einzelnen Festbrennweiten. Die Lichtstärke ist  bei den Weitwinkelobjektiven nicht das hauptsächliche Kriterium. Genug Licht für ist für ein Weitwinkelobjektiv meist vorhanden, da der Bildwinkel sehr groß ist und es somit mehr Licht „einfängt.“ Zudem kann man ja mit dem Weitwinkel ja deutlich längere Verschlusszeiten aus der Hand fotografieren.
(Faustregel: Notwendige Verschlusszeit = 1 geteilt durch Brennweite!)

Aufgrund der komplizierten Konstruktion (der Spiegel im Gehäuse der Spiegelreflexkameras ist im Weg – 10 mm Brennweite bei einer Bildweite von geschätzten 30mm zwischen hinterer Linse des Objektivs und Bildebene sind nicht ohne Kompromisse zu realisieren. So ist ein extremes Weitwinkel für Sucherkameras meist besser in der Abbildungsleistung) sind Weitwinkelobjektive auch als Festbrennweite nicht billig zu haben.

 

 

Will ich Portraits fotografieren oder Details mit „selektiver Schärfe“ hervorheben oder bei schlechten Lichtverhältnissen fotografieren?

Nikon 1:1,8, 85 mm, Blende 2,0

 

Sigma 1:2,8, 24-70 mm, Blende 3,5

 

Für die Portraitfotografie sind die „mittleren Brennweiten“ zwischen 50 und 135 mm gut geeignet. Man ist vom Modell nicht so weit entfernt, sodass man noch in normaler Lautstärke mit dem Modell sprechen kann. Die Lichtstärke kann noch ganz gut sein, je nachdem, wieviel Geld man bereit ist auszugeben. Wenn man mit den 55 mm des Kitobjektivs schon ganz gut bedient ist, sollte man vielleicht über eine 85 mm Festbrennweite nachdenken.
Wer gerne bei Konzerten oder allgemein bei schlechtem Lichtverhältnissen fotografiert, auch  gerne einen besonders geringen Schärfebereich benutzt, um sein Motiv optisch vom Hintergrund zu trennen, sollte sich den Kauf einer lichtstarken 35 oder 50 mm Festbrennweite überlegen. Das Canon oder Nikon 1,8/50mm ist günstig zu haben (soviel ich weiß, unter 200 €). Die Lichtstärke liegt 2 Lichtwerte über dem des Kit 55er und ermöglicht entsprechend  kürzere Verschlußzeiten. (bei 1/15 sec. wird´s eng bei 55mm, 2 LW empfindlicher bedeuten 1/60 sec. bei gleichem Motiv – damit kann man mit dem 5oer noch gut aus der Hand fotografieren.)

 

 

Will ich Tiere fotografieren oder Sportaufnahmen machen?

Sigma 1:5,6, 400 mm Spiegeltele (auf Grund seiner Konstruktion gibt es beim Spiegeltele nur offene Blende)

 

Tier- und Sportfotografie sind Spezialgebiete der Fotografie, die auch den Geldbeutel vor eine Herausforderung stellen. Hier sind die großen Teleobjektive ab 200mm gefragt, denn man kommt ja an die Viecher (oder die Sportler ;-)) meist nicht nah genug heran, um interessante Bildausschnitte zu bekommen (man will ja nicht immer erklären müssen, dass es einem um das winzige Eichhörnchen ging, das irgendwo, klein im Bild, versteckt ist).

Der enge Bildwinkel ist allerdings auch der Grund für wenig Licht bei den engen Bildausschnitten. Hier wird die Lichtstärke entscheidend, denn die Motive bewegen sich – oft auch  recht schnell. Und bei 300 mm Brennweite brauchen wir ja etwa 1/300 sec. um das Bild nicht zu verwackeln (siehe oben „Faustregel“) – und nicht immer fotografieren wir in unseren Breiten bei strahlendem Sonnenschein. Also sind hier ganz besonders Festbrennweiten praktisch, denn die sind für deutlich weniger Geld mit vernünftiger Lichtstärke (zumindest  1:4,0 ) zu haben.

Nikon 1:2,8, 80-200mm, 200 mm bei Blende 8

 

 

Fazit, oder: was denn nun?!

Ganz allgemein kann man sagen, dass man die „Alltagsaufgaben“ mit Zoomobjektiven abdecken kann, die sind flexibel und oft auch ausreichend für die allgemeinen Aufgabenstellungen. Vielleicht gibt man hier auch etwas mehr Geld aus, da man sie ja auch häufiger benutzt.

Für spezielle – oder für die Lieblings – Motive könnte man dann das Objektivset mit Festbrennweiten erweitern. So ist man nicht immer in der ganz hohen Preisklasse. Außerdem gewöhnt man sich an die (begrenzten) Möglichkeiten der Festbrennweiten – und macht vielleicht gerade deshalb bessere Fotos, weil man durch die Beschränkung etwas mehr über das Motiv und das Foto nachdenkt. Besonders extreme Brennweiten (kürzer als 24 mm und länger als 200 mm) sollte man vielleicht nicht unbedingt in ein – dann deutlich teureres – Zoom-Objektiv mit einbeziehen, sondern lieber extra kaufen. Auch schleppt sich so ein großes 100-300mm Objektiv recht schwer durch die Gegend – vom Volumen mal ganz abgesehen.

Eine recht informative Website zum Thema Objektive ist bei Canon zu finden. Hier wird in verschiedenen Videos erklärt, welche Objektive sich für den jeweiligen Zweck eignen.
Link: http://www.canon.de/eosadventure/#/system/lenses

 

 

„Original“-Objektive oder Fremdhersteller?

Ob Ihr nun lieber die Originalobjektive „Eures“ Kameraherstellers, oder lieber die preisgünstigere Varianten des Fremdherstellers kauft, hängt von Euren Ansprüchen, aber sicher noch mehr von Eurem Geldbeutel ab.
Wenn das Original Nikon (oder Canon) Objektiv im vierstelligen Euro-Bereich angesiedelt ist, anstelle von 300-700 € für das vergleichbare Sigma- oder Tamron-Objektiv, wird die Wahl normalerweise nicht allzu schwerfallen.

Denkt bei der Entscheidung daran, dass nicht die Schärfe oder die „gemessene“ Bildqualität (Kontrast, Schärfe) über die Qualität Eures Fotos entscheidet, sondern in erster Linie die Bildaussage Eures Fotos. Nicht „die Kamera macht gute Fotos“, sondern Ihr als Fotograf!

Gert Klaus
Fotograf seit 1986, leitet neben seinen gewerblichen Aufträgen in Nürnberg Fotokurse und Workshops und schreibt diesen Blog für alle Fotografie-Interessierte und für seine derzeitigen und ehemaligen Fotokursler.

9 comments

  1. […] interessierte sage und schreibe 98 Menschen  – kein Einziger hielt es für nötig, mal zu schreiben oder ´nen Button zu klicken – obwohl ihnen dieser Artikel bares Geld spart und sie sicher auch “inspiriert.” Ebenso erfreuen sich meine Artikel über  Objektivtipps […]

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  2. Ein interessanter gut geschriebener Beitrag.
    Meistens sind es die Anfänger die nach den Erfahrungen mit dem Kit-Objektiv wissen wollen was es noch gibt.
    Eigentlich sollte man sich das Objektiv kaufen das man benötigt, leider habe ich es anders gemacht.
    Try and Error kann viel Geld kosten.
    Wenn man weiß welche Brennweite man benötigt um seine Fotos zu machen, muss man immer noch entscheiden welche Qualität man benötigt oder sich leisten kann.
    Selbst die beste Qualität mit einer Festbrennweite z.B. 400/2.8 erkauft man sich mit richtig Gewicht das man erstmal schleppen muss.
    So orientiert man sich von einer Richtung zur anderen und kommt vielleicht nie zum Ziel.
    Naja – Vielleicht ist der Weg das Ziel.

    Gruß Wolfi

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    1. Vielen Dank für Deine Meinung Wolfgang. Letzten Endes entscheidet der Geldbeutel beim Objektivkauf. Aber der Ansatz: „Mir kommt es nur auf die Emotionen im Bild an“ ist vielleicht der objektiv Bessere wenn es um die „Kunst“ und das Foto geht. Schärfe ist halt nicht alles. Aber ich gebe zu – für mich ist das schon auch wichtig. Grüße, Gert

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  3. Tolle Seite, toller Blog!
    Und Ergänzung zu den Zoomobjektiven, hier
    http://www.flickr.com/photos/doktor_mabuse/6902667146/
    Sieht man schön den Abbildungsfehler meines Sigma 18-50, 1:2,8 – da wölbt sich die Schärfenebene förmlich durchs Bild. (Obwohl es bei etwas geschlossenerer Blende kein schlechtes Alltagsobjektiv ist.)

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  4. Top Erklärung. Hab alles verstanden als Laie! Vielen Dank dafür!!!

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    1. Hi Eric, das freut mich! Vielen Dank für deinen Kommentar!

      Antworten
  5. Hallo,
    Nun bin ich auch schon seit Wochen auf der Suche nach dem für mich
    geeignetem Objektiv. Wichtig für mich ist jedoch die absolute Schärfe
    meiner Bilder. Ich fotografiere mit einer Nikon D7000 und bin hauptsächlich
    auf Hochtzeit- oder Geburtstagsfeiern unterwegs.
    Welches Objektiv ist für mich geeignet?

    Antworten
    1. das ist nicht einfach zu sagen – für das DX-Format gibt es nur wenige Festbrennweiten. Besonders diese haben dann nun mal die „absolute Schärfe.“ Für Hochzeiten und andere Feiern wären dann aber die Weitwinkelobjektive erste Wahl.
      Das Lichtstarke 1:1,8/35mm wäre die Linse für schwache Lichtverhältnisse, das 17–55 mm 1:2,8G die Universalbrennweite. Da ich aber weder das eine noch das andere Objektiv je getestet habe, kann ich da nur mutmaßen – aufgrund des hohen Preises 😉
      Allerdings kann man natürlich auch die Linsen für die FX-Kameras hernehmen. Da gibt es das neue 20mm, oder als leichtes Tele ein 1,4/50 mm, sicher ist aber auch das sehr günstige 1,8/50 mm gut scharf.
      Bei manchen Fotoläden kann man gegen eine Leihgebühr ein Objektiv testen, die Leihgebühr wird dann auf den Kaufpreis angerechnet. Manchmal trifft man aber auch bei Fotoclubs oder -Kursen Gleichgesinnte, von denen man das eine oder andere Objektiv mal ausprobieren kann.
      Vielleicht berichtest du mir mal von deinen Erfahrungen? Ich wünsche dir eine gute Hand bei deiner Wahl…

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  6. Hallo Gert,

    vielen Dank für die Mühen, die Du Dir mit diesem Artikel gemacht hast, nur damit wir einen Leitfaden für/gegen ein bestimmtes neues Objektiv haben!
    Mein Problem ist etwas, dass meine Interessen eigentlich überall liegen. Ganz egal ob Architektur, Natur, Tiere, …
    Daher versuche ich momentan einfach mit dem vorhandenen „Werkzeug“ das Bestmögliche rauszuholen. Ein Reh in Nahaufnahme geht aber dann eben einfach noch nicht.

    @Franz:
    Unter Umständen ist mein Kommentar für Dich nicht mehr von Belang, weil zu spät, vielleicht aber für den Nächsten:
    Ich fotografiere auch mit einer D7000 und bin bisher absolut glücklich mit meinem Baby. Mein Immer-Drauf ist das Nikkor 1:3,5-5,6 18-200 G ED VR II, das zumindest in den meisten der Fälle eine gute Arbeit verrichtet und auch ausreicht.
    Zusätzlich dazu haben wir seit Kurzem für Landschafts- und Architektur-Fotografie folgendes Weitwinkel-Objektiv: Tokina AT-X 1:2,8 11-16 Pro DX II
    In verschiedenen Tests und Bewertungen hat es sehr gut abgeschnitten und war auch preislich im Rahmen.

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